Fast-Fashion-Jeans: Ein echter Globetrotter

Auf den ersten Blick hat deine Jeanshose oder -jacke nur wenig mit Liz Taylor oder einem Airbus 320 gemein, doch der Schein trügt. Sie alle reisen um die Welt und legen jährlich etliche Kilometer zurück. Möchtest du wissen, durch wie viele Länder deine Jeans gereist ist? Lies weiter und erfahre faszinierende Fakten.

Entfernung und Fast Fashion – eine komplizierte Angelegenheit

In der Fast-Fashion-Welt geht es von Natur aus teilweise drunter und drüber. Es geht schließlich darum, die angesagtesten Looks in kürzester Zeit und zum niedrigsten Preis zu liefern. Dafür müssen unendlich viele Fristen eingehalten werden. Dieser endlose Wettlauf gegen die Zeit hat zur Folge, dass kleine Details – wie die Herkunft von Materialien – außer Acht gelassen werden können. So kann es schwer sein zu bestimmen, woher die für die Jeansproduktion benötigten Baumwollballen überhaupt kommen, wenn sie an der Baumwollspinnerei eintreffen. Dies liegt daran, dass Baumwolle von mehreren Farmen, oft aus mehreren Ländern, gemischt wird, bevor sie überhaupt die erste Phase des Jeansherstellungsprozesses erreicht.

Die anderen Bestandteile der Jeans machen es nur noch komplizierter: Elastan, synthetische Farbstoffe, Nieten, Knöpfe, Reißverschlüsse und andere Bestandteile kommen aus allen Ecken der Erde zusammen und machen es fast unmöglich, den Herkunftsort der Jeans zu bestimmen. Die Folge ist, dass niemand mehr genau sagen kann, woher die Fast-Fashion-Jeans kommt oder wie weit sie gereist ist, wenn ihr großer Tag gekommen ist und sie endlich in einem deutschen Store ankommt.

Fast-Fashion-Jeans: die Statistik eilt zur Hilfe

Angesichts der komplexen Herstellungskette ist es schwer, die Strecke genau zu berechnen. Mehrere Zahlen und Fakten zusammengenommenen bringen hingegen Licht ins Dunkle und demonstrieren, wie weit eine Jeans während ihres Fast-Fashion-Lebenszyklus durchschnittlich reist.

Ein Paar Fast-Fashion-Jeans, das im Laufe der Produktion wahrscheinlich bis zu 60.000 Kilometer weit gereist ist

Grundlagen der Jeansproduktion

Fangen wir mit 14.000 Kilometern an1. So weit reist eine Fast-Fashion-Jeans im Durchschnitt, wenn man eine Baumwollkapsel von der Baumwollfarm durch den Herstellungsprozess bis in den Store begleitet. Dies entspricht zwar in etwa der Distanz, die ein Europäer jährlich im Durchschnittlich fährt, ist aber längst nicht alles.

Die Jeansproduktion unter der Lupe

Schaut man genauer hin und berücksichtigt die Baumwolle von allen Baumwollfarmen, die an der Jeansproduktion beteiligt sind, verdoppelt sich diese Zahl nahezu. Dann wäre da auch noch der Indigo-Farbstoff der aus Deutschland2 kommt, und schon steigt die Zahl um mindestens 4000 Kilometer. Eine Stretch-Jeanshose, wie zum Beispiel die gute alte Skinny-Jeans, enthält Elastan, welches im Regelfall aus Brasilien stammt. Und schon klettert die Zahl um weitere 18.000 Kilometer an.

Da wären auch noch die Fast-Fashion-Details

Kupferknöpfe, Nieten, Reißverschlüsse, Baumwollfäden und zusätzliche Stoffe für das Innenfutter der Taschen werden aus weit entfernten Fabriken herangeschafft. Für den angesagten Stonewashed-Look braucht es außerdem Bimsstein2. Dieser kommt aus der Türkei. Am Ende können rund 15 Länder an der Herstellung einer einzigen Jeans beteiligt sein. Kommen weitere hinzu, steigt die Kilometerzahl folglich3. Auch wenn es nur eine Dunkelzahl ist, sie liegt bei weit über 60.000 Kilometern – die Entfernung, die eines der meist genutzten Verkehrsflugzeuge Europas in einer Woche ohne Zwischenlandung zurücklegt4.

Eine Fast-Fashion-Jeans schüttelt viele Hände

Eine Frau näht ein Paar Jeans, die im Laufe der Produktion durch tausende Hände gehen

Zusätzlich zu all ihren Reisen in den verschiedensten Verkehrsmitteln, schüttelt deine Jeanshose auch mehr Hände als ein Diplomat auf einer globalen Tagung. Die Jeansproduktion ist noch immer stark auf manuelle Arbeit angewiesen. Daher geht eine Fast-Fashion-Jeans während ihres Lebenszyklus durch unendlich viele Hände. Von den Farmern und Fahrern über die Arbeiter in der Fabrik oder Spinnerei bis hin zu den Spediteuren und Führungskräften. Selbst nach den vorsichtigsten Schätzungen beläuft sich diese Zahl auf 2000 Hände. Jährlich werden weltweit 1,2 Milliarden Jeans verkauft. Das sind ernst zu nehmende Ziffern.

Jeans, die zum Nachdenken anregen

Nach all der Arbeit, die in die Produktion einer Jeans einfließt, endet der Lebenszyklus einer Fast-Fashion-Jeans in der Regel nach zwei Jahren in einem europäischen Kleiderschrank. Es ist anzunehmen, dass in der Zeit, in der du diesen Artikel gelesen hast, mehr als 300.000 Kilogramm Textilien in ganz Europa6 im Müll gelandet sind. Führt man sich all dies vor Augen, wird klar, dass wir nachhaltige Mode brauchen. Zeit um umzudenken: #RethinkFashion.

Image credits:
Header image: Stocksy
Close-up image of back pocket of jeans with pencils sticking out: Stocksy
Close-up image of jeans being sewed: Getty Images

Sources:

  1. Figures were derived from a combination of sources including: The Supply chain for jeans: assessing transport and energy consumption (Michael Browne, Julian Allen, Transport Studies Group, University of Westminster, London, UK)
    Energy Consumption in the UK Jeans Supply Chain (Transport Studies Group, University of Westminster) 

  2. The Geographies of Fashion: Consumption, Space, and Value (Louise Crewe)
  3. Die Herstellung von Jeans kann sich über 15 Länder erstrecken
  4. 58,000 miles and 46 flights: a week in the extraordinary life of a modern aircraft
  5. Denim Jeans Industry Market Analysis
  6. The fashion industy’s issues at a glance